"Mein Gott, ich bin krank.
Auf einmal ist alles anders.
Was bisher mir in meinem Leben selbstverständlich war, ist weg, oft weit weg:
meine Arbeit, meine Freunde, mein ganz alltägliches, unbeschwertes Leben.
Ich bin auf Hilfe angewiesen.
Ängste, die ich bisher nicht kannte, überfallen und quälen mich, wenn ich an die Zukunft denke.
Werde ich wieder gesund?
Mein Gott, wo bist du?
O Gott, plötzlich habe ich viel Zeit zum Nachdenken.
Lass meine unruhigen Gedanken bei dir ankommen.
Mit dir möchte ich sprechen wie ein Kind mit dem Vater spricht.
Dir darf ich meine Angst anvertrauen, meine Schmerzen, meine Fragen.
Mein Gott, ich bitte dich:
Lass mich hoffen können!
Stärke du meine Hoffnung!"
Von Schwester Gudrun Härle
Aus: Kathrin Buchhorn-Maurer / Josef Wiedersatz: Bleib bei mir, wenn die Nacht kommt. Gebete in Tagen der Krankheit, Schwabenverlag AG, Ostfildern
Fremdbestimmt
"Jesus Christus ich weiß kaum mehr, wie Freiheit schmeckt.
Ich esse das Brot des Krankenhauses. Sie servieren mir Medikamente, Krankheitsbefunde, Sondennahrung.
Ich soll alles schlucken.
Sie messen, sie wiegen,
sie wollen mein Blut, meinen Urin.
Sie waschen, sie betten, sie lagern mich. Sie sagen, es muss sein.
Ich fühle mich so ausgeliefert. Manchmal träume ich mich hinaus ins Licht, ins Freie, ans frische Wasser, an den gedeckten Tisch.
Ich träume mich frei.
Hast du das auch gemacht –
damals, als sie dich gefangen genommen haben?
Als sie dir wehtaten, als du den Kelch trinken musstest, den du nicht wolltest?
Teilst du mit mir, was ich schlucken muss? Ja, daran glaube ich. Dafür danke ich dir."
Von Joachim Schlecht
Aus: Kathrin Buchhorn-Maurer / Josef Wiedersatz: Bleib bei mir, wenn die Nacht kommt. Gebete in Tagen der Krankheit, Schwabenverlag AG, Ostfildern
Ich bin in Gott
"O Gott! Ich bin so schwach, so verzagt.
Ich kann nicht mehr. Meine Kraft ist aufgebraucht, meine Hoffnung ausgeschöpft.
Arm und schwach, ohne Hoffnung und Mut liege ich vor dir.
Nur du kannst mir noch helfen.
Nur in dir kann ich noch geborgen sein. Wenn alles so kommt, wie es kommen muss, dann bleib du wenigstens bei mir. Lass mich dich spüren,
mich erfahren, dass ich nicht aus deiner Hand fallen kann, mich nichts trennt von deiner Liebe.
Es gibt so viel in meinem Leben, das schön war und ist.
All das bringe ich zu dir.
Es gibt so viel in meinem Leben, wo ich gefehlt habe und fehle.
Auch das bringe ich zu dir.
Nimm du alles an! Und rechne es mir nicht an!
Nimm du mich an, so wie ich bin, und lass mich mit dir rechnen, auf dich vertrauen!
Du bist doch mein guter, mein getreuer Gott, mein Gott, der mich auffängt und hält."
Von Rainer Bareis
Aus: Ulrike Voigt (Hg.): Krankheit, Gesundheit, Heilung. Das große Werkbuch für Gottesdienst und Gemeindearbeit, Schwabenverlag AG, Ostfildern