Mediziner stellten Geräte ab – Klage wegen unterlassener Hilfeleistung

Gericht spricht Arzt von Koma-Patient Vincent Lambert frei

Veröffentlicht am 28.01.2020 um 15:41 Uhr – Lesedauer: 

Reims/Brüssel ‐ Nachdem Ärzte die Geräte des Koma-Patienten Vincent Lambert abgestellt hatten, reagierten die Eltern des Koma-Patienten mit einer Klage. Jetzt gibt es vom Gericht ein Urteil – doch es könnte noch nicht die allerletzte Entscheidung gewesen sein.

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Ein Gericht in Reims hat den Arzt des im Juli gestorbenen Koma-Patienten Vincent Lambert freigesprochen. Der Mediziner Vincent Sanchez habe sich stets an die jeweils geltende Rechtsprechung im Fall Lambert gehalten, urteilte das Gericht am Dienstag französischen Medienberichten zufolge. Die Eltern des langjährigen Koma-Patienten Lambert (1976-2019) hatten den leitenden Arzt wegen unterlassener Hilfeleistung verklagt. Sie ließen nach der Entscheidung über ihren Anwalt Jean Paillot mitteilen, dass sie "sehr wahrscheinlich" Berufung einlegen würden.

Lambert war am 11. Juli gestorben, nachdem ein von Sanchez geführtes Ärzteteam des Universitätskrankenhauses Reims CHU die Geräte abgestellt hatte. Um seine Behandlung hatte es jahrelange Rechtsstreitigkeiten bis hin zum Europäischen Menschenrechtsgerichtshof gegeben. Während Lamberts Ehefrau Rachel als Vormund ihres Mannes die Behandlung beenden lassen wollte, legten seine Eltern dagegen zuletzt noch Beschwerde beim UN-Ausschuss für die Rechte von Menschen mit Behinderungen ein.

Bild: ©Thibault Camus / AP Photo / dpa

Die Eltern von Vincent Lambert, Viviane und Pierre Lambert. Sie verklagten den leitenden Arzt wegen unterlassener Hilfeleistung.

Der frühere Krankenpfleger Lambert lag seit einem Motorradunfall 2008 in einer Art Wachkoma. Bereits am 9. April 2018 hatte das Ärzteteam entschieden, die Behandlung zu stoppen. Diese Entscheidung wurde von unterschiedlichen Gerichten bestätigt und wieder verworfen. Schon drei Jahre zuvor hatte der Europäische Menschenrechtsgerichtshof den Beschluss eines anderen Ärzteteams zur Einstellung der künstlichen Ernährung bestätigt. Zuletzt lehnte das Verwaltungsgericht in Chalons-en-Champagne ein weiteres Berufungsverfahren der Eltern ab.

Der Vatikan reagierte bestürzt auf den Tod des 42-jährigen Lambert. Vatikansprecher Alessandro Gisotti sprach im Juli von einem "schmerzhaften Fall" und zitierte Papst Franziskus mit den Worten, Herr über das Leben sei allein Gott: "Es ist daher unsere Pflicht, es immer vom Anfang bis zum natürlichen Ende zu bewahren und keiner Wegwerfkultur zu erliegen." Die Päpstliche Akademie für das Leben nannte Lamberts Tod eine "Niederlage für die Menschlichkeit". (KNA)